Francesco Petrarca

1304 – 1374           Italien

 

 

In Übersetzungen von

Karl Reinhard

 

 

 

Die Eine

 

In welcher Fantasie, in welchem Götterhain,

Erschien das Ideal, von welchem Form und Leben

Die Meisterin Natur an Laura’s Bild vergeben,

Um hier Beweis, was sie dort oben kann, zu sein?

 

Wo ließen je im Waldgebüsch, am Wiesenrain,

Ein Haar so golden und so zart die Nymphen schweben?

Wo wallt die Brust, die so viel Tugenden erheben?

Und alles, Alles das zu meiner Todespein!

 

Der ist noch nicht zum Reiz der Götterwelt verwöhnet,

Der sie nicht sah der Augen holde Liebespracht,

Und wie ihr Lebensstrahl der Sonne Licht verhöhnet.

 

Er weiß nicht, wie die Liebe heilt und elend macht,

Der es nicht weiß, wie süß ihr stiller Seufzer tönet,

Wie süß sie koset, und wie süß die Eine lacht!